
When did we believe (Greener Pastures)
Pat hat mich gebeten, etwas zu unserem neuen Release zu schreiben.
„When did we believe“ ist ab heute auf allen üblichen Streamingportalen (hier mal Spotify und Amazon) verfügbar – auch hier im Blog kann man es sich an dieser Stelle anhören.
Die Stücke, die wir spielen und veröffentlichen, durchlaufen oft einen recht langen Entstehungsprozess. Sobald jemand seine Idee, sein Stück, seine Melodie, seinen Groove oder seine Akkordprogression bei einer Probe vorstellt, fügt der Rest von uns viele andere Elemente hinzu. Diese Elemente können Dinge sein, die bei den anderen Stirnrunzeln, Kopfkratzen oder auch spontane Begeisterung auslösen. Was man dabei immer wieder lernt: Die erste Reaktion muss nicht immer die richtige sein, und egal wie toll eine Idee ist, die gesamte Band macht die Idee letztendlich noch besser.
Als Keyboarder von Pat spiele ich im Quartett hauptsächlich Sounds, die alle irgendwie unter die Gattung Piano und klassische E-Pianos (Rhodes, Wurli, usw.) fallen. Das hat sich im Laufe der Zeit so entwickelt, und nach jedem Versuch, zum Gesamtklang der Band etwas anderes beizutragen, kehre ich reumütig und mit sanftem Druck seitens Pat zu den gewohnten Klängen meines kleinen E-Piano-Emulators zurück. Unser neues Release ist daher schon ein wenig anders, da es zwei synthetisierte Sounds enthält, die nicht unserem üblichen Schema entsprechen. Pat sah dies als Anlass, dass ich ein wenig darüber berichte, wie die Klänge entstanden sind. Manchen mag das sogar interessieren.
Achtung!! Heavy Nerdstuff incoming! Es ist erlaubt, zum Ende weiterzuscrollen und sich nur die Bilder anzugucken 🙂
Als erstes ist da das Solo, ein klassischer warmer Synthie-Leadsound, den ich für die Aufnahme mit Hilfe meines modularen Synthesizers generiert habe.

Ich weiß nicht genau, ob ich die gesamte Konfiguration noch absolut sicher im Kopf habe, aber ein paar wichtige Details kriege ich auf jeden Fall zusammen. Der Grundsound wird gebildet aus drei natürlich leicht gegeneinander verstimmten Oszillatoren (zweimal Puls, einmal Saw), wobei einer (das müsste mein Eigenbau gewesen sein) noch durch einen invertierten Envelope pulsmoduliert wurde. Der Envelope wurde ganz normal über das Gate getriggert. Der Saw ging in ein 12dB Filter (Behringer 2500er Nachbau), dessen Resonanz über die Anschlagsdynamik gesteuert wurde. Ebenfalls über die Anschlagsdynamik wurde der CutOff des Moogtype-Ladderfilters (24db) gesteuert. Der Hauptoszillator ist ein Eigenbau, der Midi2CV-Converter auch, und der Moogtype-Filter ist ein Design meines Neffen. Das war es auch eigentlich schon. Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass ich keinen VCA oder einen ihn steuernden Envelope erwähnt habe! Korrekt, die Dynamik im Solo wird hier ausschließlich durch den CutOff und durch die Resonanz erreicht. Aus diesem Grund ist das Solo auch ohne „Punkt und Komma“ ein durchgängiger Ton. Den Anfang des Solos musste man richtig aus der Aufnahme schneiden, weil ein „Ton ist aus“ gibt es bei dem Sound nicht – nur „an“. Im Nachhinein betrachtet ist der Sound mir vielleicht ein bisschen zu weich geworden – aber wenn man im Nachgang der Aufnahme alle Kabel aus den Modulen gezogen hat, ist der Sound auch unwiderruflich dahin. Und so fügt er sich zudem schön in das Gesamtbild des Songs ein.
Der zweite Sound ist der Zikadenchor im Intro, der auf der grünen Wiese aus dem Songtitel singt.

Aus meinem letzten Toskanaurlaub hatte ich Aufnahmen von Zikaden mitgebracht, die jeden Abend bei Einbruch der Dämmerung loslegten. Aus einigen dieser Soundschnipsel habe ich dann einen Samplesound gebaut, der hier zum Einsatz kommt. Der pulsierende schwebende Ton ist das runtergepitchte (quasi sehr (seeeeehr) langsam abgespielte) Geräusch einer einzigen Zikade, welcher dann noch durch weitere aus diesem Sound generierte Klänge erweitert wurde. Ein großer Bestandteil ist noch durch ein granuläres Delay gejagte Sample und natürlich im Hintergrund das ganze Feld der Zikaden. Weitere Informationen zu der Entstehungsgeschichte des Sounds finden sich unter https://www.pianobook.co.uk/packs/coro-di-cicale/
Diese doch recht ausufernden Erklärungen zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Klänge mögen erklären, warum im Pat Ternman Quartet ansonsten fast ausschließlich auf die oben erwähnten klassischen Sounds zurückgegriffen wird. Die macht man an und klingen dann ohne größeren Aufwand gut.

